Germanistikk, takk / Deutliches Deutsch / The Search is Over
Dieser
Moment ist ein Scheideweg. Ich bin seit 50 Tagen in Deutschland und schreibe
jetzt meinen ersten Bloggbeitrag auf Deutsch. Ehrlich gesagt habe ich geglaubt,
dass ich noch einen Monat brauchte, bevor ich mein liebes Englisch verwerfen kann.
Aber während der zwei letzten Wochen habe ich gute Forschritte gemacht, weil
ich bei einer Familie wohne, mit der ich nur Deutsch sprechen darf. Dennoch spreche
ich nicht ganz fließend
und würdige herzlich alle grammatikalische Hilfe. Ihr, die Deutsch besser als
ich sprechen (gilt für viele von meinen Lesern), bitte berichtigt mich! Manche
von euch beherrschen Deutsch leider überhaupt nicht; dieser Blogg könnte
vielleicht eine Aufforderung sein, diese schöne Sprache zu lernen. Die
allgemeine Meinung unter Norwegern ist, dass sie nicht für Poesie geeignet ist.
Dieses Beispiel, die erste Strophe eines Gedichts von Günther Grass, weist das
hoffentlich zurück.
Warum schweige ich, verschweige zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.
Der Inhalt
des Gedichts, das neuerdings in der Süddeutschen Zeitung gedruckt wurde, ist
sehr umstritten. Grass bekam den Nobelpreis für Literatur 1999, aber laut
Einigen hat er mit diesem Pamphlet intellektuellen Selbstmord begangen. Wie
lang erstreckt sich die Redefreiheit? Und ist sie strenger für den einen als
für den anderen?
Also, was
ist passiert seit meinem letztem Beitrag? Das größte Geschehen ist mein Auszug
von der Studentenwohnung in der Dülferstraße – ein ”kleines, aber feines” Zimmer und freundliche
Nachbarn, aber unappetitliche gemeinsame Räumen und zu weit vom Zentrum
entfernt. Man sagt, es wäre so schwerig ein Zimmer in München zu bekommen. Es
gibt zwar eine Knappheit von bezahlbaren Wohnungen in dieser Stadt – besonders
für studierende Jugendliche, aber wenn man eine monatliche Miete höher als €450
vertragen könnte, würden die Angebote beteutend zunehmen. Für mich war eine
Besichtigung ausreichend. Jetzt miete ich ein 20 qm. Zimmer in einer hellen und
gemütlichen Wohnung, die mit großem Fleiß eingerichtet ist. Bevor ich hierher kam,
glaubte ich, dass man seine eigenen Möbel nicht bauen könnte. Arme Studenten
wie ich müssen selbstverständlich alles beim IKEA kaufen. Trotzdem, jede Nacht
träume ich süß in meinem aus Holz und Liebe handgemachten Bett! Zweitens haben
meine Vermieterin und ich einen
€20 Sessel im Flohmarkt gefunden; der hat einen hübschen Holzrahmen, aber einen
hässlichen Bezug. Was soll man tun? Man geht in einen Stoffladen und bestellt einen
neuen, grünen, popartigen Stoff. Ich fühle mich genau wie ein Innenarchitekt
(mit guter Hilfe eines Zimmerermeisters und einer Künstlerin). Kurz gesagt, ich
bin total zufrieden mit dem Wohnort und möchte sehr gern bleiben.
Ich versprach, Kuriositäten der deutschen Sprache zu erklären. „Jeder
weiss“, dass ein Adjektiv in entweder der attributiven (eine rote Rose) oder
der prädikativen (die Rose ist rot) Position stehen kann. Aber auf Deutsch
könnte ein ganzer Satz attributiv stehen. „Der gerade um die Ecke kommende Mann
hat seinen Regenschirm vergessen“ ist ein Beispiel, „die in der Welt am weitesten
vom Festland entfernte Bouvetinsel gehört Norwegen“ ist ein anderer. Solche
Formulierungen sind fast nur in den Zeitungen wiederzufinden. Aber oftmals
sieht man „die von Gewürze riechende Speise“, das auf Englisch „the food
smelling of spices“ und auf Norwegisch „maten som dufter av krydder“ wird (einzelne
Schriftsteller würden vielleicht die Adjektive „aromatic-smelling“ und
„krydderduftende“ erlauben?). Und dann der Konjunktiv II, diese sprachliche
Manifestation von deutscher Höflichkeit und Präzision. Konjunktiv II hat
mehrere Funktionen in der Sprache; im Folgenden steht ein Beispiel für jede
Funktion mit den zugehörigen Indikativformen in Klammern.
Höfliche Bitten/Fragen – „Ich hätte (habe) gern eine Semmel mit Leberkäse,
bitte!“
Irreale Wünsche – „Wäre (bin) ich reich, würde ich eine Erdumsegelung
realisieren.“
Irreale Bedingungen – „Wenn Napoleon die Alliierten bei Waterloo überwunden
hätte (überwand), würde heute das ganze Europa vielleicht französisch
sprechen.“
Vorschläge – „Wir könnten (können) nächstes Jahr in die USA fahren.“
Verpasst Gelegenheit – „Hättest (hast) du ihm schneller geantwortet,
würdest du den Zuschlag bekommen!“
Meinung sagen – „Ich führe (fahre) lieber nach Barcelona, weil das Wetter
oftmals da schöner ist“
Morgen fange ich mit meinem Studium an der LMU
an, und ich bin gelinde gesagt voll von Erwartung. Hoffentlich werde ich Zeit
habe für einen kurzen wöchentlichen Beitrag zum Blogg; nächstes Mal vielleicht
auf Altgriechisch?
Auf wiederhören!
Vemund